B12 - Rohkost-Veganer (von Jack Norris)

This article in the English original: Raw Foodist Vegans

Zusammenfassung: Die B12-Werte von Rohkost-Veganern scheinen sich nicht von denen von Veganern zu unterscheiden. Es gibt Hinweise darauf, dass Probiotika (Nahrungsergänzungspräparate mit Darmflorabakterien) die B12-Werte in geringem Maße verbessern können.

Inhalt
  • Brief von einem Rohkost-Veganer
  • Die Hallelujah-Acres-Ernährungsweise
  • Anhänger von „lebendiger Nahrung“ in Finnland
  • Tagung der Natural Hygiene Society
  • Quellenangaben

 Brief von einem Rohkost-Veganer
 „24. April 2003
Jemand gab mir eine gedruckte Version Ihres Artikels ‚Vitamin B12: Nimmst du genug zu dir?’ [Vitamin B12: Are You Getting It?] (Juni 2000). I wünschte, ich hätte diese ganzen Informationen gehabt, als ich vor ca. 8 ½ Jahren einen ernsthaften Vitamin-B12-Mangel bekam (makrozytäre Anämie und periphere Neuropathie). Das war die Diagnose des beratenden Arztes im Krankenhaus. Ich war schon jahrelang Rohkost-Veganer, bevor ich diese Symptome des B12-Mangels entwickelte.
   - A.K., London, Vereinigtes Königreich“


Die Hallelujah-Acres-Ernährungsweise
Donaldson (1) (2000, USA) führte eine Studie mit Personen durch, die der Hallelujah Acres-Ernährungsweise folgten, eine vegane Ernährungsweise, die hauptsächlich aus Rohkost mit kleinen Mengen von gekochtem Vollkorngetreide und Wurzelgemüse besteht.

Tabelle 1   Ergebnisse von Donaldson1

Anzahl
gesamt  
49
Serum-B12 < 347 pg/ml
44
Serum-B12 < 200 pg/ml
6
Serum-B12 < 160 pg/ml
0
Urin-MMA ≥ 4 µg/mg Kreatinin
23
  • Die Studienteilnehmer nahmen keine B12-Präparate ein. Manche von ihnen aßen kleine Mengen von Hefeflocken – dies führte zu einer durchschnittlichen Zufuhr von 5 ± 11 µg Vitamin B12 pro Monat, mit einem Medianwert von 0,7 µg pro Monat. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zu sehen.
  • 19 Personen hatten normale Serum-B12-Werte und erhöhte Urin-MMA-Werte. Teilnehmer mit erhöhten (und einer mit grenzwertig erhöhten) Urin-MMA-Werten wurden in vier Gruppen unterteilt, um verschieden behandelt zu werden:
    • 1. sublinguales B12: 500 µg Twinlab sublinguales B12 dreimal pro Woche
    • 2. Hefeflocken: 5 µg B12 pro Tag durch einen Esslöffel Red Star Vegetarian Support Formula Hefeflocken.
    • 3. Probiotic Formula - probiotisches Darmflora-Präparat: 2 Kapseln pro Tag, die 5 Bakterienspezies enthielten:
      • Lactobacillus plantarum
      • Lactobaccillus salivarius
      • Lactobacillus acidolphilus
      • Bifidobacterium bifidus
      • Bacillus subtilis
    • 4. Flora Food – probiotisches Darmflora-Präparat: 2 Kapseln pro Tag, die 2 Bakterienspezies enthalten:
      • Lactobacillus plantarum Variante OM
      • Lactobacillus salivarius

Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse nach 3 Monaten:

Tabelle 2   Ergebnisse der Behandlung in der Studie von Donaldson1

sublinguales B12
Hefeflocken
Probiotic Formula
Flora Food
gesamt
8
8
4
4
Urin-MMA ≥ 4,1 µg/mg Kreatinin nach 3 Monaten
1
(Urin-MMA = 4,1)
5
(alle zeigten Verbesserungen)
4
(3 zeigten Verbesserungen)
4
(1 zeigte Verbesserungen)

Donaldson nennt als mögliche Gründe für die leichten Verbesserungen, die durch die Einnahme der Darmflora-Präparate erreicht werden konnten:
  • Die Bakterien könnten B12 produzieren, während sie noch im Präparat sind.
  • Die Bakterien könnten sich im Verdauungssystem ansiedeln und B12 produzieren.
Wie dem auch sei, diese Probiotika reichten nicht aus, um die B12-Werte zu normalisieren – und Veganer sollten sich nicht auf sie verlassen, um ihre B12-Werte zu verbessern.


Anhänger von „lebendiger Nahrung“ in Finnland
Rauma et al. (2) (1995, Finnland) untersuchten die B12-Werte von langjährigen Anhängern einer strikten rohen (ohne Kochen), veganen Ernährungsweise, die „lebendige Nahrung“ [living food diet] genannt wird. Sie nahmen an, dass ihre große Zufuhr an fermentierten Nahrungsmitteln (ca. 2 kg pro Tag in dieser Studie) eine reichlich B12 liefern würde und gleichzeitig ihre Darmflora so verändern würde, dass diese mehr B12 bereitstellen würde.

In Teil 1 der Studie wurden mit zwei Jahren Abstand von neun Living-Food-Veganern (1 Mann, 8 Frauen) Daten über die Nahrungsaufnahme gesammelt und Blutproben entnommen. Sechs der neun Veganer zeigten innerhalb dieses Zeitraums eine fortschreitende Verschlechterung ihrer B12-Werte, was darauf hindeutet, dass die B12-Zufuhr durch die Ernährungsweise mit „lebendiger Nahrung“ nicht ausreichte, um ihre Serum-B12-Werte konstant zu halten.     

In Teil 2 der Studie wurden die Serum-B12-Werte der Living Food-Veganer mit denen von Nichtvegetariern verglichen. Die Blutwerte (Erythrozytenvolumen und Hämoglobin) der Living Food-Veganer unterschieden sich nicht maßgeblich von denen der Nichtvegetarier – und diese Blutwerte passten auch nicht zu ihren B12-Werten. In der Gruppe der Living Food-Veganer entsprach die Zufuhr von B12-Analoga (durch Nori und Chlorella) ihren Serum-B12-Werten. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 zu sehen. 

Tabelle 3   Ergebnisse von Rauma et al., Teil 22
 
Anzahl
Serum-B12 (pg/ml)
< 203 pg/ml
Living-Food-Veganer
21
261A  
Spektrum: 47-551
6
die Algen aβen
16
298
Spektrum: 101-551

die keine Algen aβen
5
142
Spektrum: 47-340
 
Nicht-Vegetarier
21
420A
Spektrum: 177-651
1
A - statistisch signifikanter Unterschied zwischen Gruppen mit demselben Buchstaben

Die finnischen Anhänger der „lebendigen Nahrung“, die an dieser Studie teilnahmen, fingen an B12-Präparate zu nehmen, als sie von ihren niedrigen Werten erfuhren.


Tagung der Natural Hygiene Society
Dong & Scott (3) (1982, USA) untersuchten 83 Teilnehmer einer Versammlung der American Natural Hygiene Society. Die meisten von ihnen praktizierten Ernährungsweisen nach den Vorstellungen von Natural Hygiene, bestehend aus unverarbeitetem rohem Obst, Gemüse, Nüssen und Samenkernen – mit minimalem Verzehr von Getreide und Hülsenfrüchten. Sie hielten dies für eine natürliche Ernährungsform von Primaten und glaubten, dass ihr Körper Vitamin B12 durch kleine Darmbakterien erhalten würde, die nur im Darm derjenigen leben würden, die sich von unverarbeiteter Rohkost ernähren würden. Tabelle 4 zeigt die Ergebnisse für die Teilnehmer, die kein zusätzliches B12 einnahmen.

Tabelle 4   Ergebnisse von Dong & Scott3
 
Anzahl
Serum-B12 < 200 pg/ml
Serum-B12 < 100 pg/ml
Veganer
13
92%
53%
Lacto-Vegetarier
28
64%
 
Lacto-Ovo-Vegetarier
15
47%
13%
Semi-Vegetarier
10
20%
 

Makrozytäre Anämie lag bei den Vegetariern minimal vor. Ein 63-jähriger Veganer mit einem B12-Wert von 117 pg/ml litt unter einer nervlich bedingten Störung. Bei den Männern, die keine B12-Präparate einnahmen, zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Zeitspanne, die sie schon Vegetarier waren, und niedrigeren B12-Werten. Von den Teilnehmern, die B12- oder Multivitaminpräparate eingenommen hatten, hatten alle B12-Werte über 200 pg/ml. Dong & Scott kamen zu dem Schluss, dass nichts darauf hindeutet, dass vegetarische Natural Hygiene-Ernährungsweisen zu höheren B12-Werten führen als andere vegetarische Ernährungsweisen.



Quellenangaben
1. Donaldson MS. Metabolic vitamin B12 status on a mostly raw vegan diet with follow-up using tablets, nutritional yeast, or probiotic supplements. Ann Nutr Metab. 2000;44(5-6):229-34. und persönliche Korrespondenz mit dem Autor (Jan 31, 2002)

2. Rauma AL, Torronen R, Hanninen O, Mykkanen H. Vitamin B-12 status of long-term adherents of a strict uncooked vegan diet ("living food diet") is compromised. J Nutr. 1995 Oct;125(10):2511-5.

3. Dong A, Scott SC. Serum vitamin B12 and blood cell values in vegetarians. Ann Nutr Metab. 1982;26(4):209-16.